DGB-Ortsverband zum 1. Mai: Das Gesundheitssystem reformieren und entprivatisieren

Wegen der Corona-Krise wird die Rede von Gewerkschaftssekretär Ingo Arlt per Video ausgestrahlt

Ingo Arlt von der IG Metall bei der Aufzeichnung der Rede zum diesjährigen Tag der Arbeit.

BARSINGHAUSEN (ta). Keine Kundgebung am Mont-Saint-Aignan-Platz, keine musikalischen Live-Auftritte und auch kein Bratwurstgenuss in geselliger Runde – der diesjährige 1. Mai wird nicht nur in Barsinghausen ganz anders gefeiert als gewohnt. Ganz verzichten wollte der DGB-Ortsverband denn aber doch nicht auf die traditionelle und stets kämpferische Veranstaltung. Die vollständige Rede von Gewerkschaftssekretär Ingo Arlt von der IG Metall können Interessierte im Internet ab 10.30 Uhr unter mai.laremi.info. verfolgen. Das bundesweite Motto „Solidarisch ist man nicht alleine“ habe schon vor Monaten festgestanden und erlange durch die Corona-Pandemie einen besonders aktuellen Bezug, so Arlt, der die derzeitige Pflicht zum Tragen einer Schutzmaske deutlich in Frage stellte, da der medizinische Sinn, anders als bei der Abstandsregel, nicht gegeben sei. Hinsichtlich der in diesen Tagen häufig gebrauchten Floskel von der Systemrelevanz von bestimmten Berufszweigen kritisierte der Gewerkschafter, dass das Gesundheitssystem in der Bundesrepublik zwar von der Politik noch nicht ganz so kaputt gemacht worden sei, wie in anderen Ländern, aber eben doch immer mehr den Gesetzen des Profits unterworfen werde. In wichtigen Bereichen hätten aber gerade die Gewerkschaften als die Interessenvertretung dieser Branche Standards erfolgreich verteidigen können. Damit die Bezeichnung „systemrelevant“ für das Gesundheitssystem künftig nicht völlig ausgehöhlt werde, müsse das System reformiert und auch entprivatisiert werden, forderte Arlt. Er prangerte außerdem an, dass die aktuellen Regelungen zum Kurzarbeitergeld zwar erst einmal vor Kündigungen schützten, aber die geringe Höhe des Kurzarbeitergeldes trotzdem zu ruinösen Folgen für die betroffenen Beschäftigten führen könnte. Die Initiative des DGB, eine gesetzliche Verpflichtung für die Arbeitgeber zur Zahlung eines Zuschlags einzuführen, sei an den Arbeitgeberverbänden und der CDU-Bundestagsfraktion gescheitert. Mehr noch – die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer würden nach der jetzigen Praxis sogar direkt in den Taschen der Arbeitgeber landen. Daher drängten der DGB und seine Gewerkschaften auf eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes. Einen deutlichen Angriff fuhr Arlt aber auch gegen die AfD, die beispielsweise eine Kürzung des Arbeitslosengeldanspruchs von älteren Arbeitslosen fordere und an allen Stellen gegen die Gewerkschaften hetzen würde. In Barsinghausen habe sich die AfD-Fraktion zwar halbiert, beim Thema Gewerkschaftsfeindlichkeit sei aber nun die UWG an die Seite der rechten Partei getreten. Da passe es auch ins Bild, dass das ehemalige AfD-Ratsmitglied Hafemann erst noch eine Schmähung im Internet zum Tod des Wennigser DGB-Vorsitzenden verbreitet habe und dann in die UWG gewechselt sei, wo er als „Demokrat“ begrüßt worden sei. Im Kampf gegen rechte Tendenzen gebe es aber auch positive Signale, so Arlt weiter. Richtig sei es gewesen, dass die Stadtverwaltung Björn Höcke und seinem „Steigbügelhalter“ im niedersächsischen Landesparlament, Peer Lilienthal, bei der Alten Zeche die Tür zugehalten habe. „Weiter so“, lobte Arlt.

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